Urbanes Zentrum

01.02.2016

Westfälischer Pfefferpotthast in lecker UND schön

Unsere Bloggerin "Fee ist mein Name" hat sich am traditionellen Pfefferpotthast versucht

Ich würde lügen, wenn ich behaupten würde, dass ich schon immer mal Pfefferpotthast kochen wollte. Wollte ich nicht. Es kam mir schlicht nicht in den Sinn. Aber ich bereite auch sonst kaum größere Fleischgerichte zu – Braten, Ragouts oder auch Steaks esse ich in der Regel nur außerhalb. Nun überlegte ich aber schon einige Zeit hin und her, was ich denn wohl für meinen nächsten "Dortmund überrascht. Dich."-Post würde schreiben wollen. Und da kam mir als (zwar nur studierte, aber immerhin) Buchwissenschaftlerin und Freundin von Büchern im Allgemeinen und alten Sachbüchern im Speziellen Henriette Davidis in den Sinn. Ist Henriette Davidis jedem Anwesenden ein Begriff? Nein? Dann hier eine kleine Einführung im Schnelldurchlauf.

Johanna Friederika Henriette Katharina Davidis, wie die gute Frau mit vollem Namen hieß, war (um es kurz zu machen) DIE Kochbuchautorin des 19. Jahrhunderts.

Ihr "Praktisches Kochbuch" war DAS Standardwerk in den Küchen des späten 19.und frühen 20. Jahrhunderts und wurde zu Hunderttausenden verkauft.

Hätte es damals schon Kochshows im Fernsehen gegeben, Henriette Davidis wäre der Star unter ihnen gewesen. Damals machte der massive Erfolg des Buches sie zwar ungemein bekannt, aber mitnichten zu einer wirklich wohlhabenden Frau. Zwar wurde Henriette Davidis nicht in Dortmund geboren und lebte auch nicht hier, als sie das Buch schrieb, aber sie zog im Alter von 56 Jahren zu und lebte dann bis zu ihrem Tod ganze 19 Jahre in der Stadt.

Grund genug, sie als so etwas wie "Dortmunder Prominenz" zu bezeichnen. Ihr äußerst bescheidenes Grab befindet sich auch dem Dortmunder Ostfriedhof. Sie ist also eine von uns. Irgendwie.

Kochen wie Henriette


Nur über Henriette zu schreiben, erschien mir aber etwas dünn, ich wollte etwas "nach ihr" kochen. Etwas typisch Dortmunderisches. Nun ist die Liste dieser Gerichte, um ehrlich zu sein, etwas kurz. Das Einzige, was mir einfiel, war (und hier schließt sich der Kreis) Pfefferpotthast. Das gibt es zwar nicht nur in Dortmund, aber immerhin wurde es hier das erste Mal urkundlich erwähnt.

Pfefferpotthast ist nicht gerade eine Augenweide

Wenn man der Geschichte Glauben schenkt, verriet die Patrizierwitwe Agnes von der Vierbecke die Stadt Dortmund im 14. Jahrhundert, indem sie versuchte Bewaffnete des verfeindeten Grafen Dietrich von Dinslaken in die Stadt zu schleusen.

Den Wache schiebenden Torwächter brachte sie dazu, seinen Posten zu verlassen, um ihr eine Portion Pfefferpotthast zu holen. Was der dumme Tropf offenbar tat. Einer schönen Frau kann man eben keine Bitte abschlagen. Hätte er es besser mal gelassen. Denn die Nummer flog auf und alle Beteiligten verloren noch am selben Tag ihre Köpfe.

Als Henriette das Rezept über 400 Jahre später der Weltöffentlichkeit zugänglich machte, unterschlug sie die blutige Anekdote geflissentlich.

Auch hatten die Kochbücher damals (nicht nur rein technisch bedingt) noch keine Fotos. Wäre dem so gewesen, hätte es vielleicht nie wieder jemand nachgekocht und das jährliche Pfefferpotthastfest in Dortmund wäre überhaupt nicht entstanden.

Denn, dafür muss man nur die Google Bildersuche zum Stichwort Pfefferpotthast befragen, 

das Gericht besticht im Allgemeinen nicht gerade durch seine herausragende Schönheit und Appetitlichkeit.
Auf die Plätze, fertig, kochen, knipsen!

Ich beschloss daher: Egal wie meine Variante schmecken würde, zumindest das schönste Pfefferpotthastfoto in diesem Internet sollte ich hinkriegen. Und auch wenn die Fleischklumpen den ein oder anderen Betrachter (so auch mich) ein wenig an Hundefutter erinnern könnten – im Vergleich schneide ich definitiv gut ab, oder?

Nun ist die Geschichte hier aber noch nicht zu Ende, denn ich schulde Euch noch das Rezept. Nun muss ich gestehen: Original nach Henriette Davidis ist es nicht, denn ihre Variante kam etwas reduzierter daher – etwas zu reduziert für meinen Geschmack. Ich habe mich daher von einer Reihe modernerer Versionen inspirieren lassen und daraus eine eigene kombiniert.

Zubereitung:

1) Beim Rindfleisch nutzt man für Pfefferpotthast klassischerweise kurze Rippe – Oberschale oder ähnliches geht aber auch. Im Zweifel nimmt man das, was einem der Metzger empfiehlt oder anbieten kann. In meinem Fall war das vorgeschnittenes Gulasch aus der Keule. Wichtig ist gute Qualität und dass das Fleisch gut abgehangen ist.

Entweder man kauft es schon geschnitten oder würfelt es selbst in große Stücke. Die Zwiebeln zunächst vierteln und dann in Scheiben schneiden. Die Gewürze (bis auf das Salz) zusammen in einen Einmal-Teefilter füllen und zubinden. Die Lorbeerblätter dafür vorher etwas kleinbröseln.

2) Etwas Schmalz in einem Topf erhitzen und zunächst das Fleisch scharf darin anbraten. Wenn die Bodenfläche nicht groß genug ist, das Fleisch in mehreren Etappen anbraten. Fleisch zur Seite stellen. 


3) Mit dem restlichen Schmalz die Zwiebeln anschmoren. Sobald sie glasig sind, das Fleisch, den Gewürzbeutel und das Salz hinzugeben und 300 ml der Rinderbrühe hinzugießen. Wer etwas auf sich hält, nimmt natürlich nur selbstgekochte Rinderbrühe, wer ebenfalls etwas auf sich hält, dafür aber keine Zeit hat, darf auch fertige nehmen. Die Welt geht davon nicht unter – glaubt mir, ich habe es getestet.

Das Pumpernickel in die Brühe bröseln und unterrühren, Deckel drauf und bei kleiner bis mittlerer Hitze erst einmal 90 Minuten schmoren lassen. Im Anschluss testen, ob das Fleisch schon schön zart ist, ansonsten gegebenenfalls noch mal 30-45 Minuten länger auf dem Herd lassen. Wenn nötig zwischendurch noch etwas Rinderbrühe angießen.

4) In der Zwischenzeit die Schale der halben Zitrone abreiben. Wenn das Fleisch gut ist, den Gewürzbeutel herausnehmen und gut ausdrücken. Die Kapern, die Zitronenschale und ein wenig Zitronensaft nach Geschmack unterrühren und, wenn nötig, mit Semmelbröseln etwas andicken. Noch mal kurz erhitzen und anschließend mit Petersilie bestreut servieren. Zumindest wenn man Petersilie mag. Ich mag keine. Aber das Foto hätte ohne sie etwas traurig gewirkt ;)!

Als Beilage zum Pfefferpotthast gibt es klassischerweise Salzkartoffeln, Gewürzgürkchen und rote Bete. Das schmeckt nicht nur gut, das bringt auch farbliche Abwechslung auf den Teller. Und – seien wir ehrlich – die kann das Gericht beileibe gut gebrauchen...

Ach ja, zu Trinken gibts dazu natürlich ein Pils. Eins aus Dortmund, wenns beliebt. Und jetzt, falls Ihr es noch nicht getan habt, googelt bitte Pfefferpotthast, schaut Euch die Bilder an, kommt zurück und sagt mir, dass ich das gut gemacht habe. Bitte. Danke. Wieder etwas für den Ruf der Stadt getan ;)!


"Fee ist mein Name" und so heißt auch mein Blog, auf dem ich über alles schreibe, was mich glücklich macht. Und das ist eine ganze Menge: DIYs & Reiseberichte, Musik, Rezepte & Lomografie. Außerdem zelebriere ich immer wieder meine Zuneigung zum Ruhrpott und speziell zu Dortmund.
Der verbindende rote Faden ist schließlich meine Liebe zum Schreiben und Fotografieren mit der meine Posts erst an Form gewinnen. Mein Ziel: Etwas von meiner Freude überspringen zu lassen. Auf meinem Blog und nun auch hier.

Bloggerin und leidenschaftliche Fotografin: Fee-Jasmin Rompza

Fee ist mein Name

Alle zwei Wochen schreiben hier ganz unterschiedliche Dortmunder Blogger in einem Gastbeitrag über "ihr" überraschendes Dortmund.
Mit dabei sind die Blogger von Dortmunderisch, Fee ist mein Name, Zwillingsnaht und Nordstadtblogger.