
Urbanes Zentrum, Sport / Vereine
28.02.2017
Doch was ist ihr Anliegen? Ziel ist es, den Drahtesel mit gebrauchten oder gespendeten Ersatzteilen gemeinsam mit anderen zu reparieren und anschließend zusammen zu kochen, zu essen und zu diskutieren. So etwas gibt es nur in einer Fahrradküche. Seit April 2011 eben auch im Ruhrgebiet mit der "VeloKitchen Dortmund" – natürlich in der Nordstadt.
Eine Doppelgarage im Innenhof an der Bornstraße dient als Selbsthilfewerkstatt. Eine Einliegerwohnung mit Küche ist zugleich sozialer Treffpunkt. "Was man nicht selbst reparieren kann, gehört einem nicht wirklich": Dieses Motto ist hier häufig zu hören.
Jeden Montag wird aufgeteilt, wer am Herd und wer in der Werkstatt steht, erklärt Johannes. "Meine Begabung liegt nicht im Schrauben", sagt er lachend – sein eigenes Rad natürlich ausgenommen. Ganz im Gegenteil zu Axel: "Der ist erfolgreich in der Montage", ist allenthalben zu hören und "ein Profi in der Ersatzteilbeschaffung".
Alle Menschen, die ein Problem mit ihren Rädern haben, sind willkommen. "Das Fahrrad machen wir fertig – aber gemeinsam", erklären die Aktiven den Hilfesuchenden. Sie verstehen sich nicht als Dienstleister. Fachsimpeln, Austausch, Nachbarschaftshilfe und lecker essen. Aber vegan. Die "VeloKitchen Dortmund" ist montags ab circa 18 Uhr solange geöffnet, wie die ehrenamtlichen TeilnehmerInnen Zeit und Lust haben - oft bis 22 Uhr.
Carlo hilft den Kindern aus der Nachbarschaft gerne, genießt aber auch das gemeinsame Kochen und die Unternehmungen. Konrad findet klare Worte, wenn Halbstarke mit ihren kaputten Bikes und dem Spruch "mach ma feddich" vor ihm stehen.
Selbermachen und Lernen sind ihm wichtig: "Sie sollen ihre Räder nicht einfach runterrocken, sondern müssen sie zu schätzen wissen." Die Wertschätzung ist angebracht: Mancher Aktive hier hat ein Zweirad, das gebraucht teurer ist als einige Wagen in der Nordstadt.
"In Wien haben sich die Dortmunder die Idee abgeguckt", erinnert Astrid an die Gründung der Initiative im Oktober 2010. Einer der Gründer arbeitete bei der Wohnungsgesellschaft Julius Ewald Schmitt und begeisterte den Geschäftsführer von der Idee:
"Christian Schmitt hat eine soziale Ader und fand die Idee gut."
Daher stellte er Garage und Wohnung kostenlos zur Verfügung. Seit dem gibt es einen Ort, an dem Menschen sich treffen können: In der Küche beim Kochen und Essen oder in der Garage beim Schlauch-Flicken.
Erfahrene Schrauber erklären wie etwas funktioniert.
So lernen Unerfahrene die Grundlagen und auch alte Hasen neue Technologien kennen. Dies fördert das Wissen und die Unabhängigkeit.
Über den Dortmunder Norden hinaus ist die Gruppe in der Region unterwegs. So sorgten sie mit Personal, Material und Werkzeug dafür, dass in der Flüchtlingsunterkunft in der Hauptschule am Ostpark eine Fahrradwerkstatt eingerichtet wurde.
Letztendlich konnten alle BewohnerInnen mit Fahrrädern versorgt werden.
Auf dem 11. International Cycling Festival in Herne wurde für BesucherInnen gekocht. Auch auf der Nachhaltigkeitsmesse "Fair Friends" in der Westfalenhalle im Oktober waren sie mit einem eigenem Stand präsent.
Als ein Projekt des Wissenschaftsladen Dortmund e.V. lebt die "VeloKitchen Dortmund" von Spenden. Daher gibt Jeder, der Hilfe in Anspruch nimmt oder zum Essen kommt, so viel wie er oder sie geben kann. Wer wenig hat, gibt wenig – wer mehr hat, gibt mehr. Solidarität und Hilfsbereitschaft sind hier oberstes Prinzip.
Manchmal gibt es auch Preisgelder - so bei der Verleihung des Agenda-Siegels im Dezember 2016. Für die Idee einer selbstverwalteten Selbsthilfewerkstatt für Fahrräder mit angegliederter Küche und die Förderung des Fahrradfahrens als Alltagsmobilität und Integrationsmedium gab es einen Sonderpreis.
VeloKitchen Dortmund
Bornstrasse 138
44145 Dortmund
Webseiten: http://velokitchen-dortmund.de
https://www.facebook.com/VeloKitchenDortmund
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